Auch Korbach setzt ein Zeichen


Bundesweite Demonstrationen gegen Fremdenfeindlichkeit und Angst vor dem Islam


Von Karl-Günter Balzer

Dekanin Eva Brinke-Kriebel spricht zu den Demonatranten (Foto: Karl-Günter Balzer)
Dekanin Eva Brinke-Kriebel spricht zu den Demonatranten (Foto: Karl-Günter Balzer)

Korbach. Etwa 45.000 Menschen sollen es nach Angaben der „Zeit“ bundesweit gewesen sein. „Für ein weltoffenes und tolerantes Korbach“ traten am Montagabend (19.01.) am Berndorfer Tor etwa 250 Menschen ein. Erschrocken von den islam- und fremdenfeindlichen Demonstrationen in Dresden hatten Axel Krüer vom Stiftungsverein „Für unsere Region“ und Dr. Peter Koswig (Grüne) zu einer Kundgebung eingeladen. Unterstützt wurden sie von der Evangelischen Kirchengemeinde.


Dekanin Eva Brinke-Kriebel grenzte sich als Vertreterin der Evangelischen Kirche ganz klar von Aussagen ab, dass das sogenannte „christliche Abendland“ sich gegen den Islam wehren müsse und sagte: „Eine solche Einstellung ist weder christlich noch in irgend einer Weise aufgeklärt.“ Für christliche Barmherzigkeit und Nächstenliebe spielten Herkunft, Hautfarbe und Religion keine Rolle. Stattdessen gelte es, zu helfen und Not zu lindern ohne zu überlegen, ob es sich rechne oder ob man den anderen kenne. Im Blick auf den Islam empfahl Brinke-Kriebel den Mut zur Begegnung und zum Dialog, so wie es in den letzten Jahren die christlichen Gemeinden und die muslimische Gemeinde in Korbach bereits in den interkulturellen Wochen eingeübt hätten.


Muhammet Balkan, der Dialogbeauftragte der türkisch-islamischen Gemeinde sprach sich für ein friedliches und respektierendes Zusammenleben aus. Ausdrücklich bekannte er sich zu den Werten  „Einigkeit und Recht und Freiheit“ in der Nationalhymne und zum Grundgesetz, aus dem er den Artikel 1 zitierte: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.


Der Erste Kreisbeigeordnete Jens Deutschendorf (Grüne) verwies darauf, dass in Waldeck-Frankenberg bereits 1000 Flüchtlinge aufgenommen worden seien und man sich zusammen mit dem „Netzwerk für Toleranz“ um deren Intergration bemühe. Peter Koswig, bis vor kurzem noch Stadtverordneter, verwies beim Bemühen um Toleranz und Integration auf Notwendigkeit von Bildung, wie sie z. B. in Kindertagestätten und Ganztagsschulen vermittelt werde. (20.01.2015)

Der Pegida-Bewegung den Wind aus den Segeln nehmen

 

Antigida: Eindrucksvolle Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit und Angst vor dem Islam

 

Von Karl-Günter Balzer

Propst Helmut Wöllenstein spricht zu den Demonstranten (Fotos: Karl-Günter Balzer)

Marburg. Es war mit Abstand die größte Demonstration, die Marburg seit vielen Jahren gesehen und erlebt hat. 3500 Menschen waren am Montagabend (05.01.) gekommen und vom Hauptbahnhof in die Oberstadt gezogen. Dichtgedrängt standen sie auf dem Marktplatz. Ursprünglich hatten die beiden Studentinnen Hanna Streicher und Susann Trojahn, die die sogenannte Antigida-Demonstration organisiert und angemeldet hatten, mit 200 Menschen gerechnet. Später wurde die Zahl der erwarteten Teilnehmer auf 1500 nach oben korrigiert. Und dann das! Die Erwartungen waren weit übertroffen worden.

 

Helmut Wöllenstein, der als Propst des Sprengels Waldeck und Marburg als letzter Redner ans Mikrofon trat, erhielt lauten und anhaltenden Beifall als er davon sprach, dass die Kirche es als moralische Pflicht des Abendlandes sehe, Flüchtlinge zunächst ohne Bedingung aufzunehmen, einfach weil sie Menschen in Not sind. Und dabei sei es egal, ob sie Christen, Muslime oder Religionslose seien. Den Pegida-Sympatisanten warf er vor, dass sie sich angesichts von Problemen in der Sozial- und Wirtschaftspolitik einen Sündenbock suchten, der möglichst schwächer und möglichst fremd sei, denn in Dresden gäbe es ja kaum Muslime. Wörtlich führte Wöllenstein dann aus: „Dieser Sündenbock-Mechanismus ist so billig wie er wirkungslos ist. Und vor allem sollte er nach den Katastrophen des letzten Jahrhunderts bei uns in Deutschland durchschaubar sein.“

 

Wie Wöllenstein wies auch Marburgs Oberbürgermeister Egon Vaupel auf den „Runden Tisch der Religionen“ in Marburg hin. Hier habe man einen respektvollen Umgang und Toleranz eingeübt. Überhaupt zeigte sich Vaupel stolz auf seine Stadt, in der angesichts der überwältigenden Demonstration gegen Rassismus und Intoleranz, Pegida keine Chance haben.

Diesen Stolz teilte auch Hamdi Elfarra, der Vorsitzende der islamischen Gemeinde in Marburg. Es sei ein beeindruckendes Zeichen gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Islamangst, das die Marburger an diesem Abend setzten. Ausdrücklich distanzierte er sich im Namen der islamischen Gemeinde von den extremen und gewalttätigen Auswüchsen des Islamismus. Angst vor einer Islamisierung sei zudem völlig unbegründet.

 

Angela Dorn, Landtagsabgeordnete der Grünen, warnte davor, Islam und Islamismus zu vermischen. Und an die Adresse von Pegida rief sie aus, gerade das nicht zu können und die Schutzsuchenden zu verhöhnen. „Wovor fliehen den diese Menschen?“ fragte sie mit Blick auf muslimische Flüchtlinge, die vor der Gewalt der Islamisten ihre Heimat verlassen müssen. Stattdessen müsse Ihnen signalisiert werden: „Ihr seid hier willkommen! Wir bringen euch Schutz!“(06.01.2014)