Marburg. Es waren gleich zwei Jubiläen, die am gestrigen Sonntag (21.10.18) in der Elisabethkirche gefeiert wurden: Vor 100 Jahren wurde in Deutschland Frauen das Wahlrecht zugebilligt. Im gleichen Jahr wurde die evangelische Frauenarbeit in Deutschland gegründet. Dies war der Anlass für eine besondere Veranstaltung in der Marburger Elisabethkirche, zu der Pfarrerin Andrea Wöllenstein vom Referat Erwachsenenbildung der evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck eingeladen hatte. Wöllenstein ist dort zuständig für die Frauenarbeit im Sprengel Waldeck und Marburg. 150 Frauen aus der Region waren der Einladung zu einem liturgischen Frauenmahl gefolgt.
Zusammen mit einem Team von engagierten Frauen und mehr als 50 ehrenamtlichen Helferinnen war eine gottesdienstliche Veranstaltung vorbereitet worden, in der sich leckeres Essen, anregende Tischreden und gute Gespräche mischten. Dazu gab es zahlreiche sehr unterschiedliche musikalische Beiträge.
Es begann mit afrikanischen Trommelklängen und dem tänzerischen Einzug der Veranstalterinnen. Das Kimba Djembe Orchestra brachte mit seinen rhythmischen Klängen die Besucherinnen zum mitschwingen. Das Vorbereitungsteam stoppte an verschiedenen Stellen des Kirchenraumes und erste kurze Impulse wurden gegeben. So wurde an die Erfahrungen von für Frauen verschlossenen Türen erinnert, an Verletzungen, an Gewalt, an Ausschlüsse von gesellschaftlicher Mitbestimmung. Und zugleich wurde die weltweite Solidarität mit Frauen und das Eintreten für eine freie und offene Gesellschaft angemahnt.
„Es war ein langer Weg, bis Frauen gleichberechtigt ‚mit am Tisch‘ sitzen konnten. In der Politik und der Kirche.“ stellte Andrea Wöllenstein fest. „Frauen haben sich den Raum genommen. Und sie haben neue Räume eröffnet und gestaltet.“
Und so wurde auch der Raum der Elisabethkirche für die Veranstaltung umgestaltet. In einer Performance, angeleitet von Gabi Erne, wurden Tische in der Kirche festlich eingedeckt. Farbige Tischdecken, Kerzen, Brot, Servietten, Löffel und Becher wurden hingestellt. Suppen wurde serviert.
In reformatorischer Tradition gab es drei Tischreden, die weitere Impulse für die Gespräche in der Mahlgemeinschaft gaben. Die emeritierte Pfarrerin Ulrike Börsch erzählte aus der Geschichte der evangelischen Frauenarbeit, die über lange Zeit in einer männlich dominierten Kirche geschehen musste. Prof. Dr. Annette Henninger schaute zurück auf 100 Jahre Frauenwahlrecht und betrachtete kritisch die gegenwärtige Situation am Beispiel der Antigender-Bewegung. Lydia Koblosfsky vom Marburger Weltladen ging auf die internationale Situation von Frauen ein und fragte, wie Solidarität geschehen kann.
Für den festlichen Rahmen sorgten auch die musikalischen Beiträge von Mira Wöllenstein, die unter anderem einen Tango auf der Geige spielte, und Kantorin Adelheid Böhme, die auch den Liedgesang begleitete. (22.10.2018)