Bischof Hein: „In der Flüchtlingskrise sind wir als Kirche elementar gefragt!“


Brief aller evangelischen Bischöfe und Präsidenten wird am Sonntag in den Gottesdiensten verlesen


Von Karl-Günter Balzer

Diskussion mit dem Publikum: Moderator Dekan i.R. Rudolf Jockel (links) und Bischof Prof. Dr. Martin Hein (Fotos: Karl-Günter Balzer)
Diskussion mit dem Publikum: Moderator Dekan i.R. Rudolf Jockel (links) und Bischof Prof. Dr. Martin Hein (Fotos: Karl-Günter Balzer)

Rauschenberg. Wie muss die Kirche heute sein, um einladend zu wirken? Das war die Frage des Evangelischen Arbeitskreises der CDU (EAK), zu der er den Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck eingeladen hatte. Am Montagabend (14.09.) hatten sich 50 Interessierte im Haus der Begegnung der Evangelischen Kirchengemeinde Rauschenberg eingefunden, um Prof. Dr. Martin Hein zu hören und mit ihm zu diskutieren.

 

Hein bekannte sich eindeutig zur Evangelischen Kirche als Volkskirche und lehnte den Rückzug in fromme Nischen ab. Dabei sei es gar nicht entscheidend, wie viele Mitglieder die Kirche hat, sondern dass sie sich als Kirche für das Volk versteht und Verantwortung in der Welt übernimmt. Auch die Kirche in der DDR, der 1989 nur noch 15 Prozent der Bevölkerung angehörten, habe sich in diesem Sinne als Volkskirche verstanden.

 

Im Blick auf die großen Flüchtlingszahlen, die Europa zur Zeit herausfordern, sah Hein das Zeugnis der Kirche als notwendig an: „Sich dem Flüchtling zuzuwenden hat eine elementar theologische Bedeutung.“ Hein erinnerte unter anderem an die obdachlose Geburt Jesu und die Flucht nach Ägypten und an die zahlreichen Aussagen des Alten und neuen Testaments zum Umgang mit Fremden, Schwachen, Armen. Auch konkretes Handeln würde in dem Brief angefragt werden. Unter anderem würden die Gemeinden aufgefordert,  nicht mehr genutzte Pfarr- und Gemeindehäuser als Unterkünfte für Asylsuchende bereitzustellen. Die Veröffentlichung des Briefes kündigte Hein für den kommenden Sonntag an. Dann werde das Schreiben deutschlandweit in den evangelischen Gemeindegottesdiensten als Kanzelabkündigung verlesen.

 

Den Sorgen aus dem Publikum vor einer Überforderung der hiesigen Menschen und vor den fremden Kulturen und Religionen begegnete der Bischof mit Verständnis. Zugleich warb er um Toleranz und Akzeptanz für die Menschen, die in unserem Kulturraum nicht heimisch sind. Im Blick auf frühere Einwanderungswellen stellte Hein fest, dass Integration in langen Zeiträumen vonstattengehe. Klar sei, dass das Grundgesetz und die Prinzipien des Rechtsstaates den Raum für den kulturellen Wandel darstellen, der auch die hiesige Bevölkerung mitbetreffe.

 

Im Blick auf die Ausgangsfrage nach der einladenden Kirche verwies Hein auf die vielen Menschen, die sich ehrenamtlich einbringen. 41.000 sind es in Kurhessen-Waldeck. Zugleich hat die 5. Mitgliedschaftsstudie der EKD ergeben, dass die Pfarrer in den Augen der Gemeindeglieder eine Schlüsselposition einnehmen. Daraus folgerte der Bischof: „Ich würde gerne keine weitere Pfarrstelle einsparen.“ Aufgabe der Pfarrer sei es, anregend und vernetzend zu wirken. Wichtiger als die Verwaltungstätigkeit, die oft überschätzt werde, sei der persönliche Kontakt zu den Menschen. Dazu gehöre auch, dass Pfarrer in der Gemeinde beheimatet sind.

 

Ein besonderes Anliegen des Bischofs ist der Ausbau und die Pflege der Ökumene. Drei große ökumenische Gottesdienste werden im Blick auf das Reformationsjubiläum zusammen mit den römisch-katholischen Bistümern, deren Gebiete sich mit der Landeskirche überschneiden, gefeiert. Im Blick auf die Gemeinden regte Hein an: „Feiern sie so viele Gottesdienste wie möglich ökumenisch!“.  (15.09.2015)