Die Bauernhöfe sollten sich öffnen

 

Bischof Hein besuchte den Hof der Patronatsfamilie von Loewenstein

 

Von Karl-Günter Balzer

Pfr. Bernd-Peter Jensen (v.l.n.r.), Dekan Dr. Helmut Umbach, Bischof Prof. Dr. Martin Hein, Dr. Friedrich-Wilhelm v. Gilsa, Pröpstin Sabine Kropf-Brandau, Dr. Bernd Wenck, Prof. Dr. Winfried von und zu Urff, Hans-Wernher und Christiane von Loewenstein
Pfr. Bernd-Peter Jensen (v.l.n.r.), Dekan Dr. Helmut Umbach, Bischof Prof. Dr. Martin Hein, Dr. Friedrich-Wilhelm v. Gilsa, Pröpstin Sabine Kropf-Brandau, Dr. Bernd Wenck, Prof. Dr. Winfried von und zu Urff, Hans-Wernher und Christiane von Loewenstein

(20.08.13) Jesberg-Repitch. Die Landwirtschaft hat in der öffentlichen Wahrnehmung ein schlechtes Image – und das hat sie nicht verdient. Darin war sich die Runde, die sich auf den Wickershof der Familie von Loewenstein in Reptich versammelt hatte, einig.  Anlass zu diesem Treffen war die Visitation von Bischof Prof. Dr. Martin Hein im Kirchenkreis Fritzlar. Die Situation der Landwirtschaft in der Region ist Hein ein Herzensanliegen und so war er gerne der Einladung der Familie von Loewenstein gefolgt.

Hans-Wernher von Loewenstein führte eingangs aus, dass weltweit das Land, das der Produktion von Nahrungsmitteln dient, ein immer knapperes Gut wird. Täglich verschwinden allein in Deutschland 87 Hektar Boden unter Beton und Asphalt. Von Loewenstein wies zugleich darauf hin, dass wir weltweit die vierfache Bodenfläche bräuchten, wenn alle Menschen einen Fleischkonsum beanspruchten, wie dies in den Vereinigten Staaten von Amerika üblich sei.

Dass die Landwirtschaft sich unter diesen Bedingungen in den letzten Jahren stark verändert hat, wurde auch vom Vorsitzenden des Bauernverbandes Schwalm-Eder, Dr. Bernd Wenck, ausgeführt. Wie Bischof Hein am Vortag beim Landmaschinenhersteller Claas in Fritzlar gesehen habe, werden die Maschinen, die in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen, immer größer. Wenck führte aus, dass ein moderner Mähdrescher innerhalb von einer halben Stunde den Weizen auf einem Hektar Ackerfläche abernte. 1950 brauchte dafür ein Bauer noch 100 Stunden.

Die Kehrseite dieser Entwicklung wurde allerdings auch deutlich. Auf den Landwirten lastet ein enormer Druck zur Investition und Vergrößerung. Wachsen oder Weichen, dieses Motto der EKD-Denkschrift von 1984 gilt noch immer, vielleicht sogar schärfer denn je. Und die Nachfrage nach Ackerfläche  ist enorm, führt zu steigenden Bodenpreisen. Bischof Hein wies darauf hin, dass die Landeskirche empfehle, nicht nur den Preis in Pachtverhandlungen zur Entscheidungsgrundlage zu machen. Es gebe auch andere Gründe, z. B. wie ein Bauer wirtschafte und ob er im Ort beheimatet sei. Dies könne allerdings nur eine Empfehlung sein, weil das Land den Kirchengemeinden gehöre und somit die Kirchenvorstände zu entscheiden hätten. Das Verbot der Landeskirche, gentechnisch veränderte Pflanzen auf Kirchenland anzubauen, wurde von Hein ausdrücklich verteidigt.

Was aber gegen den schlechten Ruf der Landwirtschaft tun? Diese Frage nahm in der weiteren Diskussion breiten Raum ein. Prof. Dr. Winfried von und zu Urff forderte, dass in den Schulen nicht mehr ein romantisierendes, sondern ein realistisches Bild von Landwirtschaft verbreitet werde. Und einig war sich die Runde, dass die Kommunikation zwischen Bevölkerung und Bauernverbessert werden müsste. Hoffeste und Führungen könnten dabei von großem Nutzen sein. Und auch den Pfarrern kommt hier eine wichtige Rolle zu. Die Pröpstin des Sprengels Hersfeld, Sabine Kropf-Brandau, möchte dies künftig zu einem Element der Vikarsausbildung machen und gemeinsam Höfe besuchen und das Gespräch zwischen Bauern und künftigen Pfarrern fördern.

Karl-Günter Balzer ist Pfarrer im Dienst auf dem Land der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und Öffentlichkeitsbeauftragter im Sprengel Waldeck und Marburg.

Weitere Bilder (Fotos: Karl-Günter Balzer)