Viele Dank für die Blumen


Was Ehrenamtliche von der Kirche haben


Von Karl-Günter Balzer

In Kleingruppen besichtigten die Teilnehmer der 3. Land-Kirchen-Konferenz zukunftsweisende Projekte der sächsischen Landeskirche. Hier erläutert die Geithainer Bürgermeisterin Romy Bauer, die aus ihrer Sicht „überaus positive Zusammenarbeit“ mit der örtlichen evangelischen Kirchengemeinde. Der Marktplatz hat symbolische Bedeutung: links ist das „Haus der Kirche“ mit verschiedenen diakonischen und pädagogischen Einrichtungen, rechts steht das Rathaus. (Foto: Karl-Günter Balzer)

Kohren-Sahlis. Ohne die Ehrenamtlichen wird es künftig keine Kirche in den abgelegenen ländlichen Gebieten geben. Und vermutlich ist es auch in den anderen Gemeinden, ob Stadt oder Land, nicht anders. Wenn über die Zukunft der Kirche nachgedacht wird, führt das immer wieder zu diesem Thema, auch wenn es nicht ausdrücklich formuliert wird.

 

So war es auch vom 18. – 20. Juni bei der dritten Land-Kirchen-Konferenz in Kohren-Sahlis südlich von Leipzig. Landeskirchen und EKD hatten über 60 Delegierte entsandt, um unter dem Motto „Kirchenbilder – Lebensräume“ über die Zukunft der Kirche auf dem Land zu arbeiten. Begrüßt wurden sie von der Präses der EKD-Synode Dr. Irmgard Schwaetzer, die die Delegierten ermutigte, die Kirchenbilder der Bibel neu zu „träumen“. Dabei kritisierte Schwaetzer, dass die junge Generation auf abschreckend traditionelle Vorstellungen von Kirche treffe und fragte: „Hat es in der Kirche das Neue besonders schwer?“

 

„Die Kirche auf dem Land sollte außerhalb des religiösen Bereichs stark sein“, dies folgerte der Münsteraner Religionssoziologe Prof. Dr. Detlef Pollack aus seinen Forschungen. Kirche sei anerkannt als Kulturträger und insbesondere auf den Feldern Diakonie und Erziehung genieße sie ein hohes Ansehen. Die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren  sei willkommen. Und gerade Ehrenamtliche hätten hier eine Brückenfunktion, da viele von ihnen auch außerhalb von Kirchengemeinden engagiert seien.

 

Dass solche Zusammenarbeit tatsächlich fruchtbar ist, wurde bei verschieden Projektbesuchen deutlich. „Im Land des roten Porphyr“ - unter diesem Namen und Logo arbeiten in Geithain politische Gemeinde, Fremdenverkehrsverband, Sächsisches Landeskuratorium und evangelische Kirche in der Regionalentwicklung zusammen. Dabei entstand mit der Via Porphyr ein 210 Kilometer langer Pilgerweg, der auf einem Rundweg die Kirchen der Region verbindet. Es ist den Gemeinden am Wegrand überlassen, wie sie das nutzen. Aber eines ist den engagierten Kirchenleuten klar geworden: „Die Zusammenarbeit hat unser Ansehen deutlich verbessert.“  

 

Geht es auch ohne Pfarrer? Hinter dem Geithainer Projekt steckt als Ideengeber der quirlige und kreative Pfarrer der Gemeinde. In Regis-Breitingen muss es dagegen schon lange Jahre ohne Pfarrer gehen. 120 ehrenamtliche Kirchenkuratoren kümmern sich im ehemaligen Kirchenkreis Bora um 65 Kirchengebäude, sorgen auch für ein gottesdienstliches Gemeindeleben. Aber einen Pfarrer oder eine Pfarrerin wünschen sie die Ehrenamtlichen schon: „Als Hirten, als Hirtin“, so formulieren sie ihren Wunsch.

 

In Ostdeutschland gibt es mittlerweile weite ländliche Räume, die in dieser Situation sind. Für den Schweriner Bischof Dr. Andreas von Maltzahn resultiert daraus notgedrungen, dass das parochiale System verändert werden muss. Es werde künftig Räume geben, in denen Kirche unterschiedlich präsent bzw. abwesend sein werde. Von Maltzahn schlug Erprobungsräume vor, in denen die Gemeindeleitung ganz in den Händen von Menschen liegen solle, die sich mit ihrer Gemeinde identifizieren und für sie Verantwortung übernehmen – auch ohne Pfarrer.

 

Kritik entstand in den Diskussionen am Begriff des „Ehrenamtlichen“ und des „Freiwillig-Engagierten“. Häufig würden sie als kostenlose oder billige Helfer angesehen. Wenn es dann einmal im Jahr ein Dankeschön in Form von Blumen, Pralinen, Wein oder ähnlichem gebe, werde das schnell als Billigentlohnung verstanden, die ein Engagement eher behindere oder gar verhindere.

Neue Kirchenbilder sind gefragt: Weg von der Versorgungskirche hin zur Beteiligungskirche, in der Menschen sich engagieren, weil ihnen ihre Gemeinde wichtig ist und weil sie sich als Teil ihrer Gemeinde verstehen. Auf alle „Amtlichkeiten“ kann dabei verzichtet werden, auf den Pfarrer bzw. die Pfarrerin allerdings nur notgedrungen. Sie werden gebraucht für das, wofür sie ausgebildet wurden: Gottesdienst, Seelsorge, Bildung. Alles andere können andere genauso gut oder besser.  (22.06.2015)