Marburg. Mitten in der historischen Altstadt, neben der Lutherischen Pfarrkirche St. Marien, ist ein Ort der Begegnung entstanden. Unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichen Kontexten mit und ohne Migrationshintergrund treffen sich hier. Vor vier Jahren ist das Zentrum entstanden. Nach einer Ausstellung über die Flüchtlingsrouten in der Pfarrkirche gründete sich auf Initiative von Pfarrer Ulrich Biskamp und Konfliktforscher Johannes Maaser ein Netzwerk, das das Begegnungszentrum organisiert.
Bischöfin Beate Hofmann besuchte zusammen mit dem Dekan des Kirchenkreises Marburg, Burkhard zur Nieden, am vergangenen Freitag (21.02.) den Kerner, um die Arbeit des Netzwerkes kennenzulernen. Hofmann amtiert seit einem halben Jahr als leitende Geistliche der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Am Abend zuvor war sie noch in Hanau gewesen, um dort den Menschen, die von dem Terroranschlag betroffen und schockiert waren, Trost und Solidarität auszudrücken. Auch an diesem Morgen bildeten die Hanauer Ereignisse den Hintergrundsound beim Besuch im Interkulturellen Begegnungszentrum Kerner.
32 Initiativen haben sich in dem Interkulturellen Zentrum vernetzt. Johannes Maaser zählte auf: es gibt Vorträge, Interkulturelle Feste, das jährliche Friedensforum, Musikveranstaltungen, Theater und Workshops. Die Internationalen Wochen gegen Rassismus werden hier geplant und koordiniert. Zusammen mit Stadt, Landkreis und Kirche wurde jüngst die hauptamtliche Stelle einer Projektleitung geschaffen.
Und es ist noch viel mehr geplant. Bisher kann lediglich das sehr schön ausgebaute Kellergeschoss genutzt werden. Hier befinden sich ein Versammlungsraum, Küche und Toiletten. Die beiden Stockwerke darüber und vor allem das Dachgeschoss sind dringend sanierungsbedürftig. Was da alles noch möglich wäre stellte Architekt Christoph Irgang vor: Multifunktionale Projektbüros könnten entstehen, Beratung könnte angeboten werden, Ausländerbeirat und Ortbeirat könnten hier tagen, kurzfristiger Wohnraum könnte entstehen. Das alles ist wünschenswert, aber auch teuer. Ein sechs- bis siebenstelliger Betrag wäre für die Sanierung nötig.
Bischöfin Hofmann würdigte die Arbeit, die im Kerner geschieht. Sie fragte nach, wie eine Vernetzung mit den interkulturellen Wohnquartieren und sozialen Brennpunkten erreicht werden könnte. Auch die Sicherheit des Ortes war ihr ein Anliegen.
„Wir sind der sicherste Ort in Marburg“, stellte Pfarrer Biskamp fest. Gerade die Ortslage mitten in der Stadt und in dem umliegenden stark studentisch und international geprägten Oberstadtmilieu mache den Kerner zu einem idealen Ort der Begegnung. Dies unterstützte auch Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, der auf die starke Bürgerbeteiligung in der Stadt verwies. Dadurch sei es möglich, die Tabus gegen Rassismus hochzuhalten. (24.02.2020)