Der reformatorische Bildungsimpuls – damals und heute

Wissenschaftliche Tagung der Philipps-Universität und der hessischen Landeskirchen

 

Von Karl-Günter Balzer    

Kirchenpräsident Dr. Dr. h.c. Volker Jung, Darmstadt (v.l.n.r.); Ministerialdirigent Dr. Rolf Bernhardt; Bischof Prof. Dr. Martin Hein, Kassel; Prof. Dr. Wolf-Friedrich Schäufele, Marburg; Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause, Marburg; Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez, Fulda.(Foto: Karl-Günter Balzer)

Marburg. Dass es in Marburg eine Universität gibt, verdankt sich der Reformation. Darauf wies die Präsidentin der Philipps-Universität Professorin Katharina Krause hin. Bereits zehn Jahre nachdem Martin Luther seine Thesen veröffentlicht hatte und damit die Reformation in Deutschland auslöste, wurde 1527 in Marburg die erste evangelische Universität auf deutschem Boden gegründet. Vier Hauptstudiengänge wurden angeboten: die evangelische Theologie als Königsdisziplin, die Philosophie, zu der nach damaligem Verständnis auch die Sprach- und Kulturwissenschaften gehörten, die Rechtswissenschaften und die Medizin. Es sei für sie deshalb eine große Freude, gemeinsam mit den beiden hessischen Landeskirchen im Rahmen eines internationalen Symposiums daran zu erinnern, welche Reformen für das Bildungswesen insgesamt und für das Universitätsstudium im Besonderen von der Reformation ausgingen.

 

Vorbereitet wurde die Tagung unter Federführung von Professor Wolf-Dietrich Schäufele. Dem Kirchenhistoriker ist es gelungen eine große Vielfalt von renommierten Fachleuten aus Deutschland und Europa als Vortragende und Diskutanten für das wissenschaftliche Programm zu gewinnen. In mehr als 20 Fachvorträgen, die sich an alle Interessierten richten, wird vom 27. – 29. September über den reformatorischen Bildungsauftrag debattiert. Schäufele betonte, dass gerade in Hessen ein enges Zusammenspiel von Reformation und Bildung zu beobachten sei. Das Ziel sei es gewesen, dass alle Christen die Bibel lesen und über ihre Glauben Auskunft geben können.

 

Nach den Worten von Volker Jung, Präsident der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau, dürfe man nicht unterschätzen, welche Bedeutung die Übersetzung der Bibel hatte. Sie habe einen „enormen Schub“ gebracht.

 

Auch Weihbischof Professor Karlheinz Diez, der die Grüße der römisch-katholischen Kirche überbrachte, wies auf die Bedeutung der Bibel hin: „Das Hören auf Gottes Wort, die Aufnahme der Heiligen Schrift in Kopf und Herz gleichermaßen, ist heute 500 Jahre nach der Reformation so verbindend zwischen den christlichen Kirchen, wie es einst trennend war.“

 

Den reformatorischen Bildungsimpuls erläuterte Professor Martin Hein, Bischof der evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. In einem Abendvortrag legte er dar, wie Luther das Bild einer „Schule für alle“ entworfen habe, die über die Grenzen von Ständen und Schichten hinausgegangen sei. Schwerpunkt sei für den Reformator der Sprachunterricht gewesen.  Ziel war es letztlich, eine gute Ordnung aufzubauen und zu erhalten. Deswegen sei die Obrigkeit als Trägerin der Bildung angesprochen, denn die Förderung von sozialem Frieden und Wohlstand sei allein ihre Aufgabe.

Seit Luther trage der Staat die Verantwortung für die Bildung, erläuterte Universitätspräsidentin Katharina Krause. Das mache die Qualität des Bildungssystems aus, aber es gebe noch viel zu tun. Der Bildungshintergrund der Eltern spiele beim Zugang zu universitärer Bildung noch immer eine wichtige Rolle. Auch sei die zweite Generation von Migranten nicht stark genug an den Universitäten vertreten.

 

Auf die gute und fruchtbare Zusammenarbeit von Staat und Kirche wies Rolf Bernhardt, Ministerialdirigent im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, hin. Im Blick auf den Bildungsimpuls der Reformation stellte er fest, dass es faszinierend sei, zu sehen, welche Entwicklungen zur Zeit der Reformation entstanden seien. (28.09.17) 

Bildgalerie (alle Fotos: Karl-Günter Balzer)