Innere Einkehr und Kampf

 

Der 2. Ökomenische Pilgerweg für Klimagerechtigkeit führte durch die Kirchenkreise Kirchhain und Marburg 

 

Von Karl-Günter Balzer

Die Pilgergruppe vor der Evangelischen Stadtkirche in Stadtallendorf. (Foto: Karl-Günter Balzer)

Stadtallendorf – Marburg. Noch ist der Tag trüb, aber die Stimmung ist von Anfang an prächtig. Pilgern macht offensichtlich gute Laune. Nach einer Andacht, die Pfarrerin Svenja Neumann in der Evangelischen Stadtkirche gehalten hat, macht sich die Gruppe von 30 Männern und Frauen auf den Weg. Die Tagesetappe führt von Stadtallendorf über Langenstein, Großseelheim und Bauerbach nach Marburg. Dort kommen sie am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein in der Evangelischen Studierendengemeinde an.

 

Der Ökumenische Pilgerweg für Klimagerechtigkeit hat ein Anliegen. Bischof Prof. Dr. Martin Hein, der an diesem Tag eine Teiletappe mit dabei ist, erklärt es so: „Pilgern ist zu einem eine Einkehr bei sich und bei Gott, zum anderen ist es eine politische Aktion: innere Einkehr und Kampf“. Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) war selbst 15 Jahre lang ein Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen. Auf der Konferenz 2013 in Busan in Südkorea rief der Rat der Kirchen zu einem Pilgerweg für Frieden und Gerechtigkeit auf. 2015 führte unter dem Motto „Geht doch!“ ein 1. Pilgerweg von Flensburg nach Paris zur Weltklimakonferenz. Diesmal ist das Ziel Bonn, wo vom 6. bis zum 17. November wieder eine Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen stattfindet.  Und das Motto des Weges heißt diesmal: „Geht doch weiter!“

 

Gestartet sind die Pilger am 18. Oktober in Eisenach auf der Wartburg. Bereits am Folgetag erreichten sie bei Lüderbach das Gebiet der kurhessischen Kirche. Der Klimamanager der EKKW, Pfarrer Stefan Weiß, begleitet die Gruppe auf ihrem Weg durch das Gebiet der Landeskirche. Weiß ist begeistert über die positiven Reaktionen und die Gastfreundschaft der Kirchengemeinden. So war es auch in Stadtallendorf. Schnell fanden sich Freiwillige, die die Pilger im Gemeindehaus verköstigten. Clara Spertzel, Vikarin in Stadtallendorf, rühmt die Gespräche, die zwischen Gemeindegliedern und den Pilgern entstanden sind. Sie selbst habe durch die Gruppe und die Aktion neue Anstöße erhalten, über den eigenen Lebensstil nachzudenken. Andrea Roth-Burkhardt ergänzt: „Es ist nicht immer das ganz Große, das geschehen muss, um etwas zu verändern.“

 

Auch Bischof Hein redet von notwendigen Mosaiksteinen, die sich zu einem Ganzen zusammenfügen müssen. Allen sei klar, dass zur Frage der Gerechtigkeit der Klimawandel dazugehöre. Und deshalb erhofft sich Hein von der Aktion eine Signalwirkung. Nicht ohne Stolz verweist der Bischof darauf, dass in der Landeskirche über ökologische Standardisierungen mittlerweile viel erreicht worden sei.

 

Eine herzliche Aufnahme erfährt die Pilgergruppe in Langenstein. Nach einer Andacht, in der Bischof Hein die Gruppe auf ihrem Weg ermutigt und segnet, gibt es eine Stärkung im Gemeindehaus. Dann geht es weiter. Und während der Bischof sich auf den Rückweg nach Kassel macht, stößt in Großseelheim sein regionaler Stellvertreter Propst Helmut Wöllenstein dazu. Er begleitet die Gruppe auf dem Weg nach Marburg und berichtet von einer überaus freundlichen Aufnahme in den Gemeinden. 

 

Abends besucht die Pilgergruppe die Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Marburg. Wolfgang Löbnitz, der die Wegstrecke geplant hat, erzählt, wie er 2015 fast zufällig zum Teilnehmer des 1. Pilgerwegs für Klimagerechtigkeit wurde. Das Thema beschäftigt ihn seitdem, ist ihm zum Anliegen geworden. Er erzählt, dass für ihn das Entscheidende sei, ganz einfach zu leben. Und gerade das schenke ihm Freude am Leben. Stefan Weiß stellt mit Blick auf die verheerenden Hurrikans in der Karibik den Zusammenhang zwischen den Themen Klima und Gerechtigkeit her: „Diejenigen, die nie ein Auto besessen haben, spüren als erste die Folgen des Klimawandels“. Propst Wöllenstein ergänzt, dass angesichts des Klimawandels jeder einzelne gefragt sei: „Verhalten wir uns doch einfach nur vernünftig. Denn nach Luther hat uns Gott Vernunft und alle Sinne gegeben.“ (25.10.2017)

Bildgalerie