Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies


Am Schöpfungstag erinnern die hessischen Kirchen an die Verantwortung für die Schöpfung


Von Karl-Günter Balzer

Schöpfungsgottesdienst mit Weihbischof Karlheinz Diez und Propst Helmut Wöllenstein (Foto: Karl-Günter Balzer)
Schöpfungsgottesdienst mit Weihbischof Karlheinz Diez und Propst Helmut Wöllenstein (Foto: Karl-Günter Balzer)

Herzhausen. Es ist das Zentrum des Nationalparks Kellerwald. Aber leider liegt das Zentrum am Eingang zum Park direkt an der vielbefahrenen Bundesstraße 252. Motorräder grollen oder sirren vorbei, LKWs rumpeln, Autos rauschen – es ist laut hier! Viel zu laut! Und unwillkürlich wünscht man sich in den Kellerwald hinein, denn da könnte es ruhig sein. Vielleicht so bisschen wie im Paradies.


„Zurück ins Paradies?“, das war das Thema des diesjährigen Schöpfungstages in Hessen, der am vergangenen Freitag (04.09.) begangen wurde. Die evangelischen Kirchen von Kurhessen-Waldeck und Hessen-Nassau, die katholischen Bistümer Fulda und Mainz, sowie der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) begehen diesen ökumenischen Gedenktag seit fünf Jahren immer am ersten Freitag im September. Der Ort wechselt und so war in diesem Jahr der Nationalpark Kellerwald als Mitveranstalter beteiligt.


Mit dem Schöpfungstag wird die sogenannte Schöpfungszeit eröffnet, die bis zum Erntedankfest am 4. Oktober geht. Gemeinden und Gruppen richten in dieser Zeit verschiedene Aktionen und Gottesdienste aus.


„Ich gerade jetzt fast ein bisschen ins Schwärmen!“  Es klang ein wenig wie eine Entschuldigung. Und doch ließ Helmut Wöllenstein sich in seiner Predigt gerne von den Bildern eines lebendigen Gartens mitreißen, die ihm angesichts der schönen Natur Nordhessens in den Sinn kamen. Der Propst des Sprengels Waldeck und Marburg erinnerte an die romantischen Naturbilder Caspar David Friedrichs und stellte fest, dass diese Kunstwerke immer über sich hinausweisen: auf den Schöpfer, auf Gott. Und zugleich beklagte Wöllenstein, dass „unser“ Lebensstil es den Politikern so schwer mache, klare Entscheidungen zum Schutz der Umwelt zu treffen.


Den katholischen Part der Predigt übernahm Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez aus Fulda. Unter Bezug auf die Umwelt-Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus knüpfte er an dessen Forderung an, dass die Bewahrung der Schöpfung mit der Gerechtigkeit für die Armen zusammengedacht werden müsse. Daraus solle laut Franziskus ein geistlicher Lebensstil erwachsen, der ein Haus schaffe, in dem alle Menschen auf der Erde leben können.


Einig waren sich beide Prediger, dass es ein Zurück in ein Paradies zwar nicht geben könne, dass aber Gott den Menschen sehr wohl in die Verantwortung für seine Schöpfung hinein genommen habe. Diese Gedanken klangen auch in den Texten und Gebeten an, die von zahlreichen Liturgen aus dem Kreis der Veranstalter formuliert wurden. Den Ort des Paradieses beschrieb der Posaunenchor, der sich aus verschieden Chören des Kirchenkreises Eder zusammengefunden hatte, in einer mitreißenden Version des Gospels „Heaven is a wonderful place“  auf Deutsch: der Himmel ist ein wunderbarer Ort.


Dass die Bewahrung der Schöpfung eine ganz irdische Seite hat, machte Umweltpfarrer Uwe Hesse in seinem Vortrag zur Vielgestaltigkeit in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung deutlich. Hesse, der auch selbst als Erhaltungszüchter tätig ist, präsentierte in Bildern und Worten zahlreiche Nutztierarten, die längst ausgestorben wären, wenn man nicht bereits vor 40 Jahren begonnen hätte, diesem Aussterben entgegenzuwirken. (07.09.2015)

Bildgalerie (alle Fotos: Karl-Günter Balzer)